Dienstag, 21. Dezember 2010

von Nanok @ 2007-11-30 – 15:53:35
Ein Fluss oder Kanal scheint auf einer Seite der Brücke entlang zu fließen. Um uns herum ist eine Mischung aus Industrieviertel und Wohnsiedlung. Graue Wolken verdecken den Nachthimmel währen sich die letzten Tränen eines beliebigen Gottes auf die Erde ergießen. Kaum ein Fenster ist erleuchtet. In alten Zeiten ließen Frauen für ihre Männer ein Licht brennen, damit sie den Weg nach Hause fanden. Eine Kerze oder Laterne, um sicher vom Feld der Ehre an die einzigen Schultern zurück zu finden, die einem für einen Augenblick Frieden und Gewissheit schenken konnten. Vom Licht der Hoffnung zum irisierenden Flackern des Fernsehbildes. Würde nicht jede Unze meines Körpers so schmerzen, als hätte sie jemand mit Säure vollgepumpt, könnte ich mich glatt an den Amnesiehumor gewöhnen.
„Du hattest einst Flügel.“
Ich drehe meinen Kopf zur Seite. „Was war das?“
„Ich sah es in deinen Augen. Du hast den Himmel gesehen und du bist geflogen. Doch dann hat man sie dir entrissen. Nun bist du nur eine Hülle. Ein Schatten deiner selbst. Verfolgt von Geistern der Vergangenheit, die du weder greifen, noch bezwingen kannst. Aber das wirst du müssen, wenn du je wieder fliegen willst. Du musst sie bezwingen. Du musst sie bezwingen und sie dir zurückholen. …hol sie zurück.“
Ich drehe mich langsam um, doch der alte Mann starrt nur die Wand an. Ob er das jetzt tatsächlich gesagt hat, kann ich nicht sagen.

Auf dem Weg zur Arbeit...[die erste Erwähnung von Günther]

fahre ich morgens mit dem Rad an einem schönen Stückchen Wald vorbei. Nichtsahnenderweise durch den extratiefen Schlamm, denn der macht bekanntlich extraviel Spass.
Ich hätts gar nicht bemerkt, wenn mein neuer aufgeblasener Kollege (später mehr im Eintrag: "Das ist der Günther. Günther mit H.") nicht hätte meinen müssen, mir mitzuteilen, dass ich "da was habe..."
Günther schaut mir auf die Schuhe, auf die Hose und ich sage zu dem seidig glänzenden Anzugträger: "Was ist gut. Das ist ne ganze Menge. Hab wohl den halben Waldboden mitgeschleppt, als ich heute morgen mit nem Wildschwein über die Vorfahrtsrechte diskutieren musste. Blöde Sau die."
Günther klappt der Kinnladen runter und Sebastian versteckt sich prustend hinter seinem Monitor.
Ich begreife die Sachlage noch gar nicht, aber offensichtlich ist Günther...
nicht so wie ich.

Die Fremde.

In mehr als 7 Jahren...
Anfänge, so vertraut, gemischt mit Zweifeln.
Immer weniger Vertrautheit.
Immer mehr Zweifel.
Misshandlungen... Respektlosigkeit... Demütigung.
Kein Lächeln mehr.
...verlor ich mich selbst.
Auf der Suche nach mir, sah ich in den Spiegel und fand nicht das vor, was ich erwartete zu sehen.
Und nun...
versuche ich mit dem zu leben, was ich dort sah.
Wieso ging ich davon aus, dass alles ein Happy End haben muss?
Wieso ging ich davon aus, dass ich mich zurückverwandeln kann in das, was ich war?
[Wenn man etwas liebt und es sich nach und nach verflüchtigt, verliert man jedesmal bißchen von sich selbst. Es ist erstaunlich herauszufinden, dass es in dir eine Fremde gibt. Und dann bist du nur noch diese Fremde. Es gibt kein zurück.]

[Phaidros] ...wie die Seele ihre Federn verliert.

Im Phaidros Platons wird die Ursache dieses Empfindens beschrieben und eine Quelle für die Empfindung der Liebe und Freundschaft dargestellt. In diesem Mythos erzählt Platon, wie die Seele ihre Federn verliert und dabei auf die Erde stürzt. In den Körpern eingeschlossen haben sie keine Ahnung mehr von ihrem früheren Leben und existieren ohne Erinnerung - bis sie in die Augen eines Anderen blicken bzw. das Schöne erblicken:
Durchwärmt nämlich wird der Liebende, indem er durch die Augen den Zufluss der Schönheit aufnimmt, durch welchen seine gefiederte Seele gleichsam begossen wird. Ist er nun durchwärmt, so schmilzt um die Keime des Gefieders hinweg, was schon seit langem sie verschloss und sie hinderte hervorzutreiben. Denn dass er wie in einem Spiegel in dem Liebenden sich selber beschaut weiß er nicht und wenn jener nun gegenwärtig ist, so hat auch er gleichsam jene Befreiung von den unerträglichen Schmerzen.(Platon, Phaidros)

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